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Starres Regelwerk aufbrechen

Die Kleine Spedition setzt auf Active Smart Tour – den Nahverkehr optimieren

Die Kleine Spedition aus dem nordrhein-westfälischen Grevenbroich setzt schon seit 2004 auf das Transport-Management-System (TMS) Active L-wis von Active Logistics. Für Frank Goldberg, der bei dem Familienbetrieb seine Ausbildung zum Speditionskaufmann gemacht hat und dort seit 2019 für die digitale Entwicklung verantwortlich ist, ist die TMS-Lösung dank der Erweiterungsmöglichkeit mit sogenannten Microservices nach wie vor erste Wahl.

Denn genau darum handelt es sich bei der KI-basierten Tourenoptimierung. „Darüber hinaus haben wir bisweilen doch recht spezielle Wünsche, die Active Logistics umsetzt – selbst wenn manche davon mehr Zeit erfordern“, berichtet Goldberg im Gespräch mit trans aktuell. Für seinen Kollegen Danny Angerhausen, der für die Disposition des Nahverkehrs der Kleine Spedition zuständig ist, bedeutet die Software sprichwörtlich eine Zäsur: „Aktuell gibt es noch vorgegebene Touren, die nach Postleitzahl sortiert sind“, erläutert er. Das sei noch ein recht starres Regelwerk, „welches wir mit Active Smart Tour nun aber Schritt für Schritt aufbrechen“.

Das Einführen der neuen Tourenplanung ist dabei nicht das erste Pilotprojekt, welches die beiden Partner gemeinsam umsetzen. Bei Active Avis ging es, wie der Name schon vermuten lässt, um eine Automatisierung der ansonsten für Speditionen aufwendigen Avisierung von Sendungen – also das Ankündigen einer Zustellung, verbunden mit dem Vereinbaren eines Zustelltermins.

Nun geht es um den Tourverlauf an sich, bei dessen Planung einiges zu beachten ist. „Letztlich soll eine für den Kunden nutzwertige und für uns wirtschaftliche Tour entstehen“, erklärt Angerhausen. Nicht nur in Anbetracht der Dieselpreise gehe es folglich darum, die zu fahrenden Kilometer zu minimieren.

„In die Planung fließen dabei aber nicht nur die Informationen zu den passenden Fahrzeugtypen und den geeigneten Fahrern mit Blick auf die geforderten Qualifikationen, wie etwa ein ADRSchein, mit ein“, berichtet Angerhausen. Vielmehr berücksichtige die KI auch die Priorisierung von Kunden, das zu erwartende Verkehrsaufkommen sowie viele weitere Parameter. Zu viele, als dass diese selbst ein erfahrener Disponent optimal berücksichtigen könnte. Von einer Urlaubsvertretung oder einem neuen Mitarbeiter ganz zu schweigen. „Einzelwissen gehört dann der Vergangenheit an. Das geht bis zu Infos, von welcher Seite aus eine Verladestelle anzufahren ist“, berichtet Angerhausen.

Wichtig ist den Projektbeteiligten dabei auch, die Mitarbeiter mitzunehmen. Denn letztlich müssten diese zu dem Schluss kommen, dass die KI bessere Ergebnisse erziele. Das gelte für Lkw-Fahrer und Disponenten gleichermaßen. Sind sie nicht davon überzeugt, wird die Lösung nicht genutzt, ist sich Angerhausen sicher. Weshalb in einem weiteren Schritt die mittels KI-geplante Tour auch mit der tatsächlich gefahrenen Route abgeglichen wird – und bei Bedarf dann eben auch nochmals das tatsächliche Optimierungspotenzial aufgezeigt wird. Auf diese Weise soll ein Umdenken angestoßen werden. „Die Mitarbeiter müssen buchstäblich in der Praxis erfahren, welche Vorteile die Planung von Active Smart Tour mittels KI mit sich bringt“, sagt Angerhausen. In Projektgruppen spiegeln die Lkw-Fahrer ihre Erfahrungen wider, sodass diese in die KI einfließen können, um die Lösung so zu verbessern.

„Geodaten sind dabei besonders wichtig. Leider sind sie aber oft unsauber. Sie lassen sich aber einfach einmalig setzen“, erklärt Tobias Braun, Projektleiter bei Active Logistics, gegenüber trans aktuell. Das sei zwar erst mal ein gewisser Aufwand, der sich aber ziemlich schnell rechne. Denn nur dann könne der Algorithmus auch tatsächlich die beste Route berechnen. Um das zu erreichen, tauschen sich die Verantwortlichen von Active Logistics und der Kleine Spedition möglichst jeden Tag aus. Für die Lkw-Fahrer ergeben sich dabei gleich mehrere Vorteile: „Die bekomme ich darüber, dass sie weniger Standzeiten beim Kunden oder im Stau haben und dann eine halbe oder sogar ganze Stunde früher daheim sind“, sagt Angerhausen.

Active Logistics arbeitet dabei mit Here Technologies zusammen, sodass Active Smart Tour auf historische und aktuelle Verkehrsdaten zurückgreifen kann, um die voraussichtliche Ankunftszeit zu berechnen. Oder eben auch die Info, dass, wenn ein Fahrer eine halbe Stunde früher startet, er am Ende des Tages eine Stunde früher wieder retour ist. „Wenn das dann auch eintritt, sieht der Fahrer, dass das kein Hokuspokus ist, sondern valide Daten dahinterstehen“, erläutert Goldberg. Bei allen Vorzügen der IT heißt das aber nicht, dass die Disponenten arbeitslos werden. De facto sind sie aber heute oftmals hoffnungslos überlastet, und es kommt nicht genügend Nachwuchs hinterher.

Ein Vorteil wurde bereits in der Projektphase offensichtlich: „Wir sehen schon jetzt, dass wir viel Zeit sparen. Ein Nahverkehrsdisponent hat eine Entlastung von etwa zwei Stunden am Tag“, berichtet Goldberg. Natürlich werde es aber immer wieder zu Abweichungen von der Planung kommen, ob aufgrund eines Unfalls oder wegen einer kurzfristigen Verkehrsstörung. Dann müssten die Disponenten entsprechend eingreifen. Im Vergleich zu früher seien diese „Feuerwehreinsätze“ aber seltener vonnöten. „So lassen sich nicht nur neue Mitarbeiter leichter einbinden – es ist auch leichter, Nachwuchskräfte zu finden“, erklärt Goldberg. Denn die kommende Generation der sogenannten Digital Natives wünscht sich nicht nur einen modernen Arbeitsplatz mit einer mobileren Form des Arbeitens. Das wiederum gewährleiste die Webanwendung, die man von überall bedienen kann, solange eine Internetverbindung besteht.

Maximale Flexibilität bietet die Lösung aber auch an anderer Stelle: „Unsere Lösung ist nicht nur mit unseren eigenen Systemen Active M-ware, Active L-wis und ALH.4, sondern auch mit jedem Webservice-fähigen TMS nutzbar“, erklärt Projektleiter Braun. Somit erschließt sich das auf Logistik spezialisierte IT-Unternehmen einen breiteren Kundenkreis. Bei den Microservices soll es aber nicht bleiben: „Wir möchten uns immer weiterentwickeln und werden langfristig auch ein neues TMS herausbringen“, kündigt Braun an.